„Die beste Bildung findet ein gescheiter Mensch auf Reisen“ –

diesem bekannten Zitat Johann Wolfgang von Goethes folgend, traten wir Mitte August eine zweitägige Exkursion nach Weimar, der hauptsächlichen Wirkungsstätte des weltberühmten Dichters, an.

Vorausgegangen war dieser Reise das Studium seines Dramas „Iphigenie auf Tauris“ im Deutschunterricht der Q2. Nach erfolgreichem Abschluss des Semesters rundeten wir – vielleicht auch inspiriert durch Goethes eigene, große Reisefreudigkeit – das Halbjahr schließlich (und pandemiebedingt etwas verspätet) mit einem Besuch seiner Wahlheimat ab.

Freitag, der 13., war Anreisetag und gegen Abend trudelten nach und nach alle Teilnehmenden ein. Die Zimmer wurden bezogen, der hauseigene Billardtisch kurzerhand von der PAS-Abordnung in Beschlag genommen, alle mit einem großen Hallo begrüßt. Und am nächsten Morgen ging es dann endlich los.

Zunächst ließen wir uns bei morgendlichem und strahlendem Sonnenschein von der Schauspielerin und Redakteurin des Weimarer Radiosenders Radio Lotte, Svea Geske, durch das geschichtliche und zeitgenössische Weimar führen – zu Fuß und abseits der Touristenströme.

Bei diesem dreistündigen Rundgang durch alle Ecken und Winkel der Stadt lernten wir von unserer geschichtlich überaus versierten Stadtführerin Wissenswertes rund um Bauten wie das Carl-August-Denkmal, das Stadtschloss Weimar oder das Tempelherrenhaus; wir erfuhren einiges über die Entstehungsgeschichte des Ortes (von den ersten Aufzeichnungen 899 bis heute), Unterhaltsames aus dem Wirkungskreis der Herzogin und Mäzenin Anna Amalia, Anekdoten aus dem Leben Schillers und Goethes, sowie weitere, uns bis dato unbekannte Fußnoten der Geschichte.  

Goethe-Hafis-Denkmal; am westlichen und östlichen Ende befinden sich die folgenden Inschriften:

WER SICH SELBST UND ANDRE KENNT

WIRD AUCH HIER BEKENNEN

ORIENT UND OKZIDENT

SIND NICHT MEHR ZU TRENNEN

HERRLICH IST DER ORIENT

ÜBERS MEER GEDRUNGEN

NUR WER HAFIS LIEBT UND KENNT

WEISS WAS CALDERON GESUNGEN

Es stellte sich darüber hinaus heraus, dass Frau Geske nicht nur Zeitzeugin des Großbrandes 2004 in der Weimarer Herzogin Anna Amalia Bibliothek war (bei dem über 50 000 Bücher von unschätzbarem Wert verbrannten), sondern auch eine der Retterinnen von rund 28 000 Bänden. Wir erfuhren einiges also aus erster Hand; kein Wunder, dass wir an den Lippen unserer Stadtführerin hingen.

Nach einer gemeinsamen Stärkung im Restaurant (und einer kleinen Abkühlung im Quellwasser des Parks an der Ilm) wanderten wir dann erfrischt durch Feld und Flur zu Goethes Gartenhaus. Hier wohnte Goethe die ersten Jahre, hier arbeitete er an zentralen Werken, schuf z.B. Teile der Prosafassung der „Iphigenie auf Tauris“:

Bekannte Gedichte wie „An den Mond“ oder „Rastlose Liebe“ entstanden in diesem kleinen, eher bescheidenen Haus. Er aber schreibt über diesen Ort:

Uebermüthig sieht’s nicht aus,
Hohes Dach und niedres Haus;
Allen, die daselbst verkehrt,
Ward ein froher Muth beschert.
Schlanker Bäume grüner Flor,
Selbstgepflanzter, wuchs empor,

Geistig ging zugleich alldort,
Schaffen, Hegen, Wachsen fort.

Selbst als er später in die Stadt, in das große Haus am Frauenplan zog, blieb das Gartenhaus, welches er pflegte und immer wieder besuchte, sein Lieblingsort.

Wieder zurück im Stadtzentrum beschlossen wir, der viertgrößten Stadt Thüringens nun auch noch aus der Vogelperspektive Tribut zu zollen und stiegen kurzentschlossen in den dort installierten höchsten mobilen Aussichtsturm der Welt, um aus 81 Metern Höhe die zahlreichen Sehenswürdigkeiten der Kulturstadt (vom Bauhaus-Museum über das Schloss Belvedere hin zur Herder-Kirche oder dem weitläufigen Englischen Garten) zu bewundern.

Nach so viel Wanderung zu Fuß und so vielen neuen Eindrücken und Erkenntnissen fanden wir schließlich, dass wir uns ein (oder zwei) kühle Getränke in einer in der Nähe unserer Unterkunft befindlichen Lokalität redlich verdient hatten. Doch selbst hier machte unser Wissensdurst nicht halt und wir verbrachten die Zeit dort noch bis tief in die Nacht mit Quiz-Spielen rund um unser Allgemeinwissen.

Nach einer recht kurzen Nachtruhe bereitete uns am nächsten Morgen ein knapper, aber informativer Vortrag Herrn Kaspers über die naturwissenschaftlichen Aktivitäten des Genies – Goethe betätigte sich auch in der Botanik, Mineralogie, Anatomie und Physik – auf den letzten Programmpunkt vor: Das Goethe-Nationalmuseum.

Bei diesem Museum handelt es sich weitestgehend um sein Wohnhaus am Frauenplan sowie um eine angrenzende Ausstellung über zwei Etagen, in der man u.a. einen Teil von Goethes Sammlungen (er hatte Zeit seines Lebens mehr als 26.000 Kunstgegenstände und 23.000 naturwissenschaftliche Objekte gesammelt) bestaunen konnte.

Iliana und Franek, zwei der Exkursionsteilnehmenden, die freundlicherweise die hier zu sehenden Fotos des Interieurs des Nationalmuseums zur Verfügung gestellt haben, haben außerdem hierzu einen kleinen Vortrag für die nicht mitgereisten HörerInnen des Grundkurses vorbereitet – den Link finden Sie hier:  https://www.youtube.com/watch?v=TkE6V4mkInM

Schließlich wurde es (leider) Zeit aufzubrechen und die Rückreise nach Berlin anzutreten. Was von dieser Reise im Gedächtnis bleibt, sind intensive Eindrücke über eine außergewöhnlich geschichtsträchtige Stadt und deren beide berühmtesten Vertreter Goethe und Schiller. Und der ein oder andere Sonnenbrand. Und die ein oder andere Blase am Fuß. Und das ein oder andere Lächeln im Gesicht ob der Erinnerung an eine sehr gelungene, informative, fordernde und erheiternde Bildungsreise.

Goethe wäre sicher zufrieden gewesen.

Carmen Schreier (Kursleiterin)

(Herzlichen Dank an meinen Kollegen und die beteiligten HörerInnen für das bereitgestellte und hier verwendete Bildmaterial)